Oratorium "Elias" op.70 von Felix Mendelssohn Bartholdy
Historische und theologische Gedanken zu Felix Mendelssohn Bartholdy, ELIAS - Ein sehr interessanter Vortrag von Gerhard Kolb kann hier als pdf heruntergeladen werden. Siehe auch seine homepage unter:
http://www.kolb-gerhard.de/elias
Eine Übersicht:
GLIEDERUNG
- Historische Hintergrundinformationen
- Skizze der biblischen Erzählung von Elia: Teil 1
- Hintergründe d. Kontroverse: Baalskult
- Exkurs: Bemerkung zur Tötung/Schlachtung der Baalspriester durch Elia im Namen Gottes.
- Skizze der biblischen Erzählung von Elia: Teil 2: Elias neue Gotteserfahrung
- Elias Tod und seine Bedeutung im Judentum u. Christentum: Elia als Vorläufer d. Messias
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Felix Mendelssohn Bartholdy
E L I A S
Oratorium nach Worten des Alten Testamentes
für Soli, Chor und Orchester, Opus 70
Zur Entstehung des Oratoriums:
Im September 1845 wurde Mendelssohn eingeladen, das Birmingham Music Festival 1846 zu leiten und dort zugleich ein eigenes größeres Werk zu präsentieren. Mendelssohn entschloss sich, den bereits begonnenen „Elias“ aufzuführen. Die Textvorlage dafür war über die Jahre im Gespräch, auch in der Auseinandersetzung, mit seinem Freund Pastor Julius Schubring aus Dessau entwickelt worden.
So entstand nach dem Oratorium „Paulus“ (1836) nun ein zweites, mit Elias aus dem alten Testament, als maßgeblicher Gestalt.
„Ich hatte mir eigentlich beim Elias einen rechten durch und durch Propheten gedacht, wie wir ihn etwa heut zu Tage wieder brauchen könnten, stark, eifrig, auch wohl bös und zornig und finster, im Gegensatz zum Hofgesindel und Volksgesindel, und fast zur ganzen Welt im Gegensatz, und doch getragen wie auf Engelsflügeln.“ In dieser dramatischen Art wollte Mendelssohn seinen Elias charakterisiert wissen, wie er am 2. November 1838 an Julius Schubring schrieb. Es kam Mendelssohn darauf an, in den Arien, Rezitativen und Chören Texte zu verwenden, die möglichst wortgetreu aus der Bibel entnommen waren. Die Ereignisse sollten in „Rede und Widerrede, Frage und Antwort, Einfallen in die Rede usw.“ (so Mendelssohn in seinem o.g. Brief) dargestellt werden. Dass er sich schließlich doch bereit erklärte, auch betrachtende, handlungsunabhängige Bibeltexte einzufügen, lag wohl auch daran, dass ihm im zweiten Teil des „Elias“ noch einige größere Chöre fehlten. Diese waren für die Beliebtheit von Chorwerken in den vielen neu gegründeten Chorvereinen wichtig. In der Zeit des Vormärz (1815 – 1848), in der freiheitliche oder demokratische Bestrebungen des Bürgertums starken Repressionen ausgesetzt waren, konnten die Chorvereine und Musikfeste demokratisch-liberale Ideen weitertragen.
Im dramatischen Konzept Mendelssohns ist der Chor im ersten Teil des Oratoriums der unmittelbare Gegenspieler des Propheten. Er tritt auf als Repräsentant des handelnden und duldenden Volkes, meist als Anhänger Jahwes, aber auch als Srtimme der Baalspriester. Im zweiten Teil tritt der Chor nur noch zu Beginn – bei der Flucht des Elias in die Wüste – handlungsbezogen in Aktion; die weitere Handlung gibt für das direkte Eingreifen des Chores keinen Anlass mehr. Da kein Erzähler auftritt, singt der Chor auch reflektierende, historisierende und erzählende Texte.
Dem Libretto des Elias liegt die alttestamentarische, im 1. und 2. Buch der Könige überlieferte Elias-Erzählung zugrunde, aus der Mendelssohn folgende Geschichten ausgewählt hat:
1.Ankündigung der Dürre; Elias am Bach Krith(1. Kön. 17, 1-7)
2.Elias bei der Witwe zu Zarpath und das Wunder der Wiedererweckung ihres Sohnes (1. Kön. 17, 8-9; 14; 17-24)
3.König Ahab hat sich zu Baal gewendet (1. Kön. 16, 29-33)
4.Die Ankündigung des Regens, die Gottesentscheidung und das Regenwunder (1. Kön. 18, 1; 15-45)
5.Die Wanderung in die Wüste (1. Kön. 19, 1-7)
6.Die Gotteserscheinung auf dem Berg Horeb (1. Kön. 19, 8-18)
7.Elias‘ Himmelfahrt (2. Kön. 2, 1; 11)
Ferner werden einzelne Stellen verwendet aus Jes. 41, 10 u.13; Jer. 26, 11 u.a.; ausführlicher werden Texte aus Psalmen übernommen, so z.B. aus Ps. 8; 16; 37; 121; 138.
BIOGRAFISCHE ZEITTAFEL ZU MENDELSSOHN UND ZUM „ELIAS“
1809 3. Februar: Geburt Felix Mendelssohns in Hamburg als Sohn der Bankiersfamilie Abraham Mendelssohn und Enkel des Philosophen Moses Mendelssohn
1811 Vor dem Einmarsch von Napoleons Truppen flieht die Familie Mendelssohn nach Berlin
1816/1822 Felix und seine Geschwister werden protestantisch getauft; später treten auch die Eltern, die aus bekannten jüdischen Familien stammen, zum Christentum über. (Der Vater schrieb später als sein eigenes Credo: „Es gibt –die Religion sei, welche sie wolle- nur einen Gott, nur eine Tugend, nur eine Wahrheit, nur ein Glück.“)
1819 Felix wird Schüler von Karl Friedrich Zelter
1820 Eintritt in die Berliner Singakademie
1821 Besuch bei Goethe in Weimar
1829 11. März: Erste Wiederaufführung von Bachs Matthäus-Passion nach dessen Tod (1750) in der Berliner Singakademie unter Mendelssohns Leitung (Zusatzinfo unten *)
Reise nach England und Schottland
1830-32 Große Bildungsreise (nach Weimar, München, Wien, Venedig, Rom, Florenz, Neapel, in die Schweiz, nach Paris und London)
1833 Leitung des Niederrheinischen Musikfestes in Düsseldorf
1835 Berufung nach Leipzig als Leiter der Gewandhauskonzerte
1837 Herbst: Erste Pläne zu einem Oratorium „Elias“
1838 28. März: Heirat mit Cécile Jeanrenaud in Frankfurt
Herbst: Schubrings erste Bearbeitung des Textes zum „Elias“
1843 Übersiedlung nach Berlin – Übernahme der Leitung des Domchores
1845 Aufgabe der Berliner Verpflichtungen – Mendelssohn übernimmt wieder die Leitung der Leipziger Gewandhauskonzerte
September: Mendelssohn wird eingeladen, das Birmingham Music Festival im Sommer 1846 zu leiten
Dezember: Schubring wird erneut um Hilfe bei der Textauswahl für den „Elias“ gebeten
1846 Frühjahr/Sommer: Mendelssohn komponiert die Musik zum „Elias“ 26. August: Uraufführung des „Elias“ in Birmingham
Umarbeitung des „Elias“ nach der Uraufführung
1847 14. Mai: Tod der Schwester Fanny, in der Folge Erkrankung Felix Mendelssohns
9. Oktober: Deutsche Erstaufführung des „Elias“ in Hamburg, bei der F.M. nicht mehr dabei sein kann
4. November: Tod Felix Mendelssohn Bartholdys
(Zusatzinfo *) Der junge F.M. hatte Weihnachten 1823 von seiner Großmutter als Geschenk eine wertvolle Abschrift der Matthäuspassion von J.S.Bach (1685-1750) erhalten. Zusammen mit seinem Freund Eduard Devrient, der später die Christuspartie sang, nahm er sich eine Wiederaufführung vor. Die beiden jungen Männer sollen dem alten, hochangesehenen Leiter der Berliner Singakademie Carl Friedrich Zelter die Aufführung der Matthäuspassion regelrecht abgetrotzt haben. Mendelssohn führte in Berlin 1829 dies bedeutende Werk von J.S. Bach erstmals seit dessen Tod wieder auf. Damit begann die „Bach-Renaissance“.)