Johann Sebastian Bach
Missa in g-Moll, BWV 235
Kyrie-Gloria-Messe (Lutherische Messe)
BWV 235, Entstehungszeit vermutlich späte Leipziger Jahre Ende 1730er
Besetzung:
4-stimmiger Chor, 3 Solisten ATB, 2 Oboen, 2 Violinen, Viola, Basso Continuo
Beschreibung
Neben der großen h-Moll-Messe BWV 232 existieren von Bach vier weitere, kleinere Messkompositionen, die sogenannten lutherischen oder Kyrie-Gloria-Messen. Mit ihrer jeweils sechssätzigen Anlage (“Kyrie” und aufgeteiltes “Gloria“ an Stelle des vollständigen „Ordinarium Missae“ mit Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei) hatten sie ihre spezifische liturgische Stellung im Gottesdienst der Bach-Zeit. Bach war in den 1730er Jahren als lutherischer Kantor und Musikdirektor in Leipzig angestellt; zugleich pflegte er gerne die Kontakte zum katholischen Hof des neuen Kurfürsten in Dresden. Die Messe war die einzige bedeutende Gattung im Bereich der geistlichen Musik, die Lutheranern und Katholiken gemeinsam war. So lag es nahe, dass Bach mehrere Kyrie-Gloria-Messen komponierte. Diese wurden sowohl in den Leipziger Hauptkirchen als auch in der Dresdner Hofkirche gern aufgeführt.
Bach griff dabei auf eigene Kompositionen zurück, und zwar fast ausschließlich auf Sätze aus Kirchenkantaten, die er im Parodieverfahren bearbeitete. Das ist eine häufig angewandte Technik, die im Wesentlichen in der Unterlegung eines anderen Textes und der dadurch nötigen musikalischen Umgestaltung besteht. Dabei erwies sich Bach als ein Meister in der Neutextierung und wohldurchdachten Umschmelzung der verwendeten Teile zu einem eigenen neuen Werk.
In der von uns gesungenen g-moll-Messe lässt Bach den Chor mit zwei großen Sätzen beginnen, es folgen 3 solistische Partien, die durch den Schlusschor eingerahmt werden.
Für Spezialisten seien hier die Parodiegrundlagen für aufgeführt:
Satz 1 aus BWV 102/1 (Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben);
Satz 2 aus BWV 72/1 (Alles nur nach Gottes Willen);
Satz 3-6 aus BWV 187/4,3,5,1 (Es wartet alles auf dich)
CHOR: Kyrie eleison. |
Herr, erbarme dich. |
CHOR:
Gloria in excelsis Deo |
Ehre sei Gott in der
Höhe |
Als Abschluss des Festgottesdienstes am 28. Okt. 2017 singen wir:
J. G. Rheinberger „Abendlied“ op. 69,3
Ein paar Informationen dazu aus der Rheinberger-Biografie von Harald Wanger:
Der Komponist Josef Gabriel Rheinberger wurde am 17. März 1839 als neuntes von elf Kindern in Vaduz / Liechtenstein geboren. Die Familie lebte in sehr bescheidenen Verhältnissen. Jedoch förderten Eltern, Lehrer und Pfarrer die besonderen Fähigkeiten und Begabungen von Josef schon ab 1845. Er konnte schließlich ab 1849, also mit 10 Jahren, eine Schule mit besonderem musikalischen Schwerpunkt in Feldkirch / Vorarlberg (15 km von Vaduz entfernt) besuchen. An Sonn- und Feiertagen musste er aber wie zuvor die Orgel in Vaduz bedienen; dazu ging er gewöhnlich zu Fuß am Vorabend dorthin, und tags drauf wieder zurück, je 3 Stunden. Nach vielen musikalischen Erfolgen, aber auch Finanzierungsnöten und Mühen, sich vom Elternhaus zu trennen, durfte Josef schließlich ab 1851 sein Musikstudium am Konservatorium in München aufnehmen.
Manche seiner frühen Kompositionen sind umstritten oder in Vergessenheit geraten.
Aber Zitat: „ Eine andere Komposition, mit 16 Jahren im Jahr 1855 geschrieben, macht dagegen bis heute Furore. Es ist die kleine sechsstimmige Motette „Bleib‘ bei uns, denn es will Abend werden“, die später als Nr. 3 in die „Drei geistlichen Gesänge op.69“ aufgenommen wurde. … An seinen Vater meldete er im November 1855: „Meine Motette ist im Museum vom Oratorienverein aufgeführt worden… Sie erhielt am meisten Beifall; schon in der Probe wurde ich gerufen.““
Soweit.